Lösungen für 3D-Scanning

Wie Artec 3D die Ukraine unterstützt

Artec Eva trägt dazu bei, das kulturelle Erbe der Muisca-Zivilisation zu erhalten

Die Muiscas, ein indigenes Volk Kolumbiens, das einst hoch in den Anden lebte, schenkte der Welt die Legende von El Dorado: Als ein neuer Häuptling den Thron bestiegen hatte, hüllte er sich in Goldstaub und tauchte tief in den Guatavitá-See, um die Unterwassergötter zu besänftigen. Als Teil der Zeremonie wurden Gold und wertvolle Edelsteine wie Smaragde in den See geworfen, um die Götter zu erfreuen und den Herrschaftsbeginn des neuen Oberhaupts zu markieren.

Als die spanischen Entdecker im frühen 16. Jahrhundertankamen, gaben sie dem goldenen König den Namen El Dorado – „der Vergoldete“. Im Jahr 1545 versuchten die Spanier, den See trocken zu legen, in der Hoffnung, den sagenhaften Schatz zu bergen. Was sie fanden, waren Hunderte von Goldstücken, die sie zu der Annahme verleiteten, dass hier einst eine Stadt mit unermesslichen Reichtümern gestanden habe.

Erhaltung des prähispanischen Erbes in Kolumbien

Abgesehen von den faszinierenden Geschichten aus vergangenen Zeiten ist das Muisca-Reich wie wir es heute kennen gleichermaßen geheimnisvoll und spannend. Die zahlreichen Relikte und Artefakte, die im heutigen Kolumbien noch immer entdeckt werden, versetzen uns in Ehrfurcht vor der alten Zivilisation, ihrer Führungshierarchie, ihren ausgeklügelten Handwerks- und Handelspraktiken sowie ihrem enormen Einfluss auf die kolumbianische Kultur.

Nur wenige wissen, dass das Reich der Muiscas mehr als tausend Jahre lang existierte und eine ebenso fortschrittliche Zivilisation war wie die bekannteren Reiche der Inka, der Maya und der Azteken. Jahrhunderte später kämpfen Nachfahren der Muiscas und lokale Archäologen um die Rettung, die Dokumentation und den Erhalt ihres Erbes, das durch die Expansion der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá stark gefährdet ist.

Viele Artefakte der Muisca-Zivilisation blieben seit Tausenden von Jahren unentdeckt

Ähnlich wie antike Artefakte mit Hilfe moderner Technologie digital konserviert wurden, bietet auch die hochgelegene Stadt Bogotá, die von Andengipfeln umgeben ist, eine einzigartige Verschmelzung von Vergangenheit und Gegenwart. Zahlreiche beeindruckende Zeugnisse vorspanischer Kulturen sind in den örtlichen Museen zu sehen, während die Forschenden vor Ort in den Bereichen Geschichte, Anthropologie und Archäologie ihr Bestes geben, um die verheerenden Auswirkungen der vergangenen Kolonialisierung zu kompensieren.

Obwohl viele Unternehmen in der Region wenig Interesse an potenziellen archäologischen Stätten haben, verpflichten die örtlichen Gesetze die Betriebe dennoch dazu, auf das kulturelle Erbe Rücksicht zu nehmen. Einem der Unternehmen, das in der Nähe der Hauptstadt eine Straße baut, war viel daran gelegen, so umfassende Informationen wie möglich über das Gebiet zu erhalten. Und das aus gutem Grund: Bei der Stätte handelte es sich um eine der vier wichtigsten Muisca-Siedlungen im Teusaca-Tal, dem Kerngebiet der südlichen Muisca-Ansiedlungen.

Ein innovativer lokaler Archäologe nahm sich der Herausforderung an, die Fundstelle zu beaufsichtigen, die Ausgrabungen durchzuführen und die Funde zu digitalisieren.

Ein Archäologe mit einer Vision

Francisco Correa, Absolvent der Nationalen Universität von Kolumbien und Fachmann, der gerne neue Ansätze entwickelt, arbeitete eng mit Lina María Campos und Maria Alicia Uribe, der Kuratorin und Leiterin des Museo Del Oro (Kolumbiens eindrucksvollem Goldmuseum) an diesem Projekt. Zusammen leiteten sie die Dokumentation, Untersuchung und Verwaltung der Artefakte, nachdem die archäologische Fundstätte mit ihren jahrhundertealten Kunstobjekten entdeckt worden war. Diese Funde werden nun im Museum gelagert.

Correa und sein Team waren maßgeblich an der Entdeckung einzigartiger Muisca-Relikte wie den „ofrendatarios“ beteiligt. Die Rede ist hier von Keramikgefäßen, die bei Begräbniszeremonien zur Aufnahme von Opfergaben an die Götter dienten. Hierbei konnten die Forscher auf eine bahnbrechende neue Methode zurückgreifen, um die Funde genauer zu untersuchen.

Für die Dokumentation der Arbeiten einer archäologischen Expedition wurden traditionell Lineale, Schnüre, Spezialpapier und viel Handarbeit benötigt. Correa suchte aus Zeit- und Kostengründen nach einer Alternative. Daher begann er, von Grund auf mit verschiedenen Methoden zu experimentieren, wie etwa der Photogrammetrie und der 3D-Modellierung mit Hilfe von Fotoreferenzen.

Diese Methoden erwiesen sich jedoch als unzureichend, da die gewünschte Präzision und Genauigkeit bei der Arbeit mit den zerbrechlichen Artefakten nicht erreicht werden konnte.

Daher entdeckte Correa die Technologie des 3D-Scannens für sich und fand mit Artec Eva einen 3D-Scanner und ein effizientes Werkzeug, das seine Projektarbeit grundlegend verändern sollte.

Francisco Correa beim Scannen mit Artec Eva auf dem Feld.

Artec Eva, die mitunter von Archäologen zum Scannen des Maya-Erbes für das British Museum und der Überreste des Homo Naledi in der Dinaledi-Kammer in Afrika verwendet wurde, ist ein leichter und vielseitiger 3D-Scanner, der sich perfekt für die Erfassung mittelgroßer Objekte eignet.

Die traditionelle Archäologie stützt sich häufig auf manuelle Messungen.

Streben nach höchster Detailgenauigkeit

Aufbauend auf seinen früheren Erfahrungen im 3D-Scannen und den Inhalten aus einer zusätzlichen Schulung durch das Artec Supportteam machte sich Correa mit dem handgeführten Scanner sofort auf den Weg zur Fundstätte, um die Knochenreste und Artefakte zu scannen. In kürzester Zeit wurde klar, dass das 3D-Scannen die effizienteste Möglichkeit der Dokumentation archäologischer Fundstätten und Artefakte der Muisca darstellte.

„Die Digitalisierung ist notwendig, weil sie eine hervorragende Darstellung der Materialien, mit denen wir arbeiten, liefert”, erklärt Correa. „Sie ist wunderbar geeignet, um eine genaue Darstellung von osteologischem Material zu erhalten und Informationen über die Position der Knochen mit einer Detailgenauigkeit zu vermitteln, die mit anderen Mitteln nur schwer zu erreichen ist.“

Eine erste Expedition hatte zum Ziel, alle Informationen über das Gebiet zu sammeln, in dem der Straßenbau geplant war. Im Laufe der Zeit fand das Team schließlich immer mehr Beweise für das rituelle Verhalten der Muisca.

Während alle, sorgfältig in 3D dokumentierten Objekte wie Keramikgefäße, Metallfiguren, Muscheln, Ringe und Smaragde schon öfter in der ganzen Region gefunden worden waren, war dies laut Correa die erste archäologische Ausgrabung in Kolumbien, bei der die bereits erwähnten ofrendatarios entdeckt wurden. Dabei lieferten Keramikgefäße, die Metallfiguren und Smaragde enthielten Hinweise auf die Bestattungstraditionen der Muisca. Einige der Gefäße wurden im Bereich der Fundamente eines Heiligtums oder eines Tempels gefunden, was einen Einblick in die Welt der religiösen Rituale und die komplexe Organisation des Muisca-Volkes eröffnete.

Diese Entdeckungen werfen auch ein Licht auf die Geschichte dieser Bevölkerungsgruppe. „Wir können die wichtigste Muisca-Periode festlegen und bestimmen, ob sie mit der Zeit einhergeht, als die Spanier auf die Insel kamen”, so Correa. „Das ist eine wirklich wichtige Entdeckung.“

Fragmente von ofrendatarios, Keramikgefäßen, die bei Begräbniszeremonien der Muisca verwendet wurden.

Schritte und Maßnahmen: 3D-Scannen als wertvoller Vorteil für Archäologen

In den nächsten zweieinhalb Jahren verfolgte Correa mit einem kleinen Team die technischen Aspekte der Ausgrabungen. Der Prozess begann grundsätzlich mit der notwendigen Vorbereitung der Arbeitsausrüstung, wobei ein Laptop, Artec Eva und ein zusätzlicher Akku zunächst für den Prozess genügten.

Da Eva während des Scanvorgangs sicheres weißes Strukturlicht abstrahlt, bestand kein Anlass zur Sorge, dass die Technologie den Objekten oder der Umgebung Schaden zufügen könnte. Um eine Echtzeit-Visualisierung sowohl der Objekte als auch des Geländes zu erhalten, überprüfte Correa das Gebiet abschnittsweise wiederholt mit dem Scanner.

Mit Artec Eva an der archäologischen Stätte

„Ich arbeite in einem südamerikanischen Umfeld, in dem die meisten Arbeiter, einschließlich der Archäologen, nicht an den Gebrauch solcher High-Tech-Geräte gewöhnt sind. Ich habe viele überraschte Gesichter während des Einsatzes von Artec Eva gesehen”, erinnert sich Correa.

Je nach Größe und Komplexität des zu dokumentierenden Objekts konnte das Scannen bis zu zehn Minuten dauern. Bei menschlichen Knochenresten, Keramikgefäßen und lithischem Material waren es in der Regel ein oder zwei Minuten pro Objekt, was den gesamten Scanvorgang sehr effizient gestaltete.

Correa erklärt: „Wir können jetzt besser verstehen, wie die Menschen hier gelebt haben, denn einige Spuren aus der Muisca-Zeit sind hier noch immer im Boden zu finden. Wir haben hart daran gearbeitet, die Grabstätten zu bergen und genau zu erfassen. Ich finde es ermutigend, wie sehr uns die 3D-Scantechnologie dabei unterstützen kann.“

Nach ihrer Entdeckung müssen zum Beispiel alte Knochen aus dem Boden geborgen und in ein Labor gebracht werden. Bei all diesen Abläufen könnte die Position und der Gesamtzustand der Knochen gefährdet werden, so Correa.

„Das dreidimensionale Scannen gibt uns die Möglichkeit, eine genaue 3D-Darstellung zu erhalten, die uns dann als Rohmaterial für unsere spätere Arbeit dienen kann.”

Der letzte Schritt war die Bearbeitung der Scans in Artec Studio: nach der Durchführung von Global Registration, kamen die scharfe Fusionierung und der Small Object Filter zum Einsatz, bis letztlich das Polygonnetz vereinfacht und die Textur verfeinert wurde. Nachdem alles fertiggestellt war, konnte man die Ergebnisse anhand eines exakten 3D-Modells vielfältig variieren und analysieren, etwa indem verschiedene Szenarien der Maya erstellt oder Farben und Formen in ZBrush bearbeitet wurden.

Verarbeitung von Scans aus Eva in Artec Studio

3D-Modell eines Muisca-Artefakts

Digitale Archäologie ist der Schlüssel zur Entdeckung früheren Lebens und der Kunst antiker Zivilisationen

Sowohl die Bewahrung als auch die Darstellung der Vergangenheit scheinen ohne 3D-Scantechnologie undenkbar. Große historische Stätten sind derart schwer zugänglich und zum Teil weit verstreut, dass viele Forschende sie nur unter widrigen Umständen erforschen können – von der breiten Öffentlichkeit ganz abgesehen. Archäologen wie Correa arbeiten daran, einem breiteren Publikum die Möglichkeit zu eröffnen, virtuell durch Jahrtausendealte Städte zu wandern, die bereits seit langer Zeit nicht mehr existieren.

Gefäße, Figuren und Smaragde, die auf die Rituale der Muisca hinweisen

Smaragde, die heiligen Edelsteine der Muiscas, werden in vielen Legenden erwähnt.

Die Untersuchung der seltenen Muisca-Artefakte in 3D ermöglicht sogar noch mehr als lediglich die Wiederbelebung der Vergangenheit. Der Schutz kulturellen Erbes mit Hilfe der digitalen Dokumentation mag die einzige Chance für künftige Generationen sein, auf den Spuren alter Zivilisationen zu wandeln. Präzise und detaillierte 3D-Daten ermöglichen die Planung von Restaurierungen und die Rekonstruktion von kostbarem, sonst verlorengegangenem Wissen und Traditionen. Und die Lösungen von Artec tragen dazu bei, eine zuverlässige Grundlage für die Erhaltung zu schaffen.

Die geborgenen Muisca-Artefakte werfen Licht auf die gesamte Epoche der Zivilisationsgeschichte der Muisca

Correa interessiert sich nebenbei sehr für die Technologie des 3D-Drucks und hat die Vision, die von ihm gescannten Objekte zu vervielfältigen, daraus Dioramen zu erstellen und sie mittels Augmented Reality darzustellen. Dank seiner Bemühungen und der modernen Artec 3D-Technologie wird wahrscheinlich bald eine virtuelle Besichtigung der Muisca-Siedlung möglich sein. Und vielleicht wird dadurch auch das Geheimnis um El Dorado, der sagenumwobenen Stadt aus Gold, gelüftet werden können.