Lösungen für 3D-Scanning

Wie Artec 3D die Ukraine unterstützt

3D-Scannen zur Herstellung von Abdrücken von 3000 Jahre alten Orakelknochen

Von Rongjian Zhu

Herausforderung: Bei der Methode des Abriebs handelt es sich um ein traditionelles Verfahren, um die auf Orakelknochen eingravierten Zeichen und Symbole zu reproduzieren. Der Abrieb weist jedoch einige große Nachteile auf: Wertvolle Artefakte müssen unter anderem berührt werden, was diese beschädigen kann.

Lösung: Artec Space Spider, Artec Studio

Ergebnisse: Mithilfe von 3D-Scantechnologie werden digitale Abdrücke von Orakelknochen-Inschriften angefertigt, um hochpräzise digitale Archive der Oberflächendetails von Orakelknochen anzulegen. Dieses Verfahren ist für die Unversehrtheit der Knochen zu 100 Prozent unbedenklich, und die Forscher können ganz einfach 3D-Modelle erstellen und diese mit Kollegen und anderen teilen. Außerdem lassen sich anhand der 3D-Scans lebensechte, virtuelle AR/VR-Inhalte für Museumsausstellungen entwickeln.

3D scanning Chinese oracle bones

Yinxu National Archaeological Site Park (Foto: 163.com)

Die Orakelknochen von Yinxu

Orakelknochen-Inschriften sind die frühesten bekannten systematischen Zeichen in China und Ostasien und blicken auf eine Geschichte von über 3.000 Jahren zurück. Die Orakelknochen wurden hauptsächlich in der Gegend des Dorfes Xiaotun, Anyang, Provinz Henan, ausgegraben. Anyang, das früher Yin hieß, war die Hauptstadt der späten Shang-Dynastie. Die Inschriften der Orakelknochen sind in der Regel auf Schildkrötenpanzern oder Tierknochen eingraviert und beziehen sich größtenteils auf die Wahrsagung der Königsfamilien Yin und Shang.

Heute ist die Erforschung der Orakelknochen weltweit von großem Interesse. Bislang wurden mehr als 150.000 Orakelknochen ausgegraben und etwa 2.500 Schriftzeichen identifiziert – weitere 2.000 Schriftzeichen sind noch zu entziffern. Mehr als 500 chinesische und ausländische Wissenschaftler beschäftigen sich mit Orakelknocheninschriften und haben dazu bereits über 3.000 Monografien und wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Das Studium der Orakelknochen spielt auch eine Rolle in verschiedenen anderen Disziplinen, darunter Linguistik, Geschichte, Ethnologie, Astronomie, Meteorologie, Landwirtschaft, Medizin, historische Geografie und Archäologie.

Am 26. Dezember 2017 wurden die Orakelknochen erfolgreich in das UNESCO-Programm „Memory of the World“, einem Kompendium des dokumentarischen Erbes der Welt, aufgenommen.

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Meißeln eines Orakelknochens (Bild aus der CCTV-Dokumentation „Die Dynastie der Orakelknochen“ mit freundlicher Genehmigung)

Die antike Methode des Abreibens von Inschriften

Seit der Entdeckung von Orakelknocheninschriften durch den Epigraphen Wang Yirong während der Guangxu-Periode der Qing-Dynastie stehen Forscher und Liebhaber von Orakelknocheninschriften vor der bisher ungelösten Herausforderung: Wie lassen sich die Textinformationen auf Orakelknochen transkribieren, verbreiten und weitergeben, ohne dabei die Orakelknochen selbst zu beschädigen?

Die am weitesten verbreitete traditionelle Technik, die in der Wissenschaft zum Einsatz kommt, ist die Abriebmethode – eine alte, in China verwendete Technik. Vor dem Auftreten moderner Technik ermöglichten es Abriebe, das ursprüngliche Aussehen sowie die Details eines Objekts bestmöglich zu erhalten. Außerdem entstanden durch wiederholtes Abreiben mehrere identische Abdrücke – vergleichbar mit den Ergebnissen maschinellen Druckens. Die Fähigkeit, Abriebe anzufertigen, war also immer für Orakelforscher wesentlich.

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Beim Abreiben (Bild aus der CCTV-Dokumentation „Die Dynastie der Orakelknochen“ mit freundlicher Genehmigung)

Bei der Herstellung von Abrieben wird mit Tinte durchtränktes Papier auf die Orakelknochen aufgetragen und mit einem Pinsel leicht angedrückt, um das Papier in die Gravuren zu drücken. Wenn das Papier leicht angetrocknet ist, wird die Tinte gleichmäßig aufgetragen. Das Papier wird dann abgezogen, so dass ein schwarz-weißer Abrieb entsteht.

Obwohl das Abreiben die wohl gängigste Transkriptionstechnik in der akademischen Welt bleibt, zieht sie viele Nachteile nach sich. Zum Beispiel muss der Orakelknochen während des Abriebs berührt werden, was zu einer Beschädigung des Objekts führen kann. Außerdem sind die Ergebnisse des endgültigen Abriebs von Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen sowie den Fähigkeiten des jeweiligen Anwenders beeinflusst.

Erstmaliges Einführen des 3D-Scannens

Dr. Li Zongkun ist Lehrstuhlinhaber und Doktorvater für Geisteswissenschaften an der Universität Peking, die über eine Sammlung von über 4.000 Orakelknochen verfügt. Seitdem er sich der Forschung und der Lehre über Orakelknochen und Paläographie annahm, gibt Dr. Li seine umfangreiche Erfahrung des Abreibens an seine Studenten weiter. Die traditionelle Technik unterliegt jedoch einigen praktischen Einschränkungen und erfordert physischen Kontakt mit den Knochen. Mit der Welt der 3D-Technologie erstmals in Kontakt, wollte Li diese und deren Möglichkeiten für seine Arbeit mit Orakelknochen prüfen.

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Die Universität Peking

Um seine Idee zu testen, bat Dr. Li einen 3D-Scanspezialisten des Artec 3D Partners ASAHI-3D, einen Orakelknochen aus der Universitätssammlung mit Artec Space Spider zu scannen. Als Artec Partner in China hat ASAHI-3D bereits in der Vergangenheit eng mit der Universität Peking zusammengearbeitet und viele 3D-Scanlösungen angeboten.

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Zum Scannen: ein beschrifteter Knochen, der für Weissagungen verwendet wurde. (Foto: Universität Peking)

Bei dem zum Scannen ausgewählten Objekt handelt es sich um einen beschrifteten Knochen, der zum Wahrsagen verwendet wurde. Der 31,1 cm lange und 16,1 cm breite Knochen ist Teil einer seit langer Zeit gehüteten Sammlung an der Fakultät für Archäologie und Literatur der Universität Peking, die auf die späte Shang-Dynastie (vor mehr als 3.000 Jahren) zurückgeht.

Auf der Vorderseite befinden sich 45 Schriftzeichen und auf der Rückseite ein Zeichen, das fast nicht mehr zu erkennen ist und die Orakelknocheninschriften der Shang-Dynastie verkörpert. Dieser Knochen kann auch mit einem anderen kleinen Knochen (Sammlung von Orakelknochen, Nr. 11574), der sich heute in der Nationalbibliothek Chinas befindet, in Verbindung gebracht werden. Die beiden Divinationsschriften auf dem Knochen beziehen sich auf den Krieg.

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Dr. Li und ein Spezialist von ASAHI-3D (Bild aus der CCTV-Dokumentation „Die Dynastie der Orakelknochen“ mit freundlicher Genehmigung)

ASAHI-3D wählte Artec Space Spider, um beide Seiten des Orakelknochens zu erfassen. Jiao Chunliang, Technischer Direktor von ASAHI-3D, sagt: „Der 3D-Scanner Artec Space Spider hat bereits bei vielen Scanprojekten eine Schlüsselrolle gespielt. Eine präzise Erfassung ist auch ohne Targets oder besondere Vorbereitung möglich, so dass eine naturgetreue digitale Replik einfach zu erreichen ist. Die Kontaktlosigkeit des Verfahrens gewährleistet die Unversehrtheit der Kulturdenkmäler. Von einer Cloisonné-Vase aus der frühen Qing-Dynastie bis hin zu Terrakotta-Kriegern – das Reverse Engineering von kleinen Objekten wird dadurch vereinfacht.“

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Artec Space Spider beim Scannen des Orakelknochens (Bild aus der CCTV-Dokumentation „Die Dynastie der Orakelknochen“ mit freundlicher Genehmigung)

Ein verbessertes Verfahren

Space Spider kann die Datenerfassung nach nur einem Klick starten, ohne dass Zielmarken erforderlich sind. Der Spezialist muss lediglich den Scanner aus einer Entfernung von 20-30 cm auf den Knochen richten. Während der Scanner um den Knochen bewegt wird, werden die erfassten 3D-Oberflächendaten in Echtzeit auf dem Computerbildschirm angezeigt.

Nachdem die Vorderseite des Knochens gescannt wurde, wird der Knochen umgedreht und mit demselben Verfahren gescannt – der Scanvorgang dauert nur wenige Minuten.

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Screenshot von Artec Studio, der das Scannen des Orakelknochens zeigt (Bild aus der CCTV-Dokumentation „Die Dynastie der Orakelknochen“ mit freundlicher Genehmigung)

Die Scandaten werden anschließend in Artec Studio verarbeitet. Nach der Entfernung von Ausreißern werden die vorderen und hinteren Scans des Orakelknochens so ausgerichtet, dass ein vollständiges Modell entsteht. Anschließend werden Algorithmen der Globalen Registrierung und Fusion ausgeführt, um ein endgültiges Polygonnetzmodell zu erstellen.

Der Orakelknochen weist eine große Anzahl von Oberflächendetails auf, was aus Sicht der Texturwiedergabe eine Herausforderung sein kann. Die fotorealistische Texturfunktion in Artec Studio entsprach jedoch völlig den Kundenanforderungen; ohne weitere Software wurde die Originalfarbe mit hochauflösenden Texturen nachgebildet, die mit verschiedenen Fotogrammetriegeräten (z. B. DSLR-Kameras) aufgenommen wurden. Das Endergebnis: ein vollständiges, naturgetreues Modell des Orakelknochens, das für die Forschung und eine Reihe anderer Anwendungen geeignet ist.

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Eine Nahaufnahme des Farbmodells

Nach der Bearbeitung der Scans in Artec Studio lässt sich das 3D-Modell zur weiteren Bearbeitung in Software von Drittanbietern, wie Geomagic oder ZBrush, exportieren. Im Anschluss an den Scanvorgang konnte der Scanspezialist mit dem aus den Scandaten erstellten, digitalen Abrieb vollständige Informationen über den Orakelknochen präsentieren. Ein 3D-gescannter digitaler Abrieb von Orakelknochen bietet so eine Vielzahl an Möglichkeiten für digitale Archive und Museumsausstellungen.

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Ein digitaler Abrieb (links) im Vergleich mit Scandaten aus Artec Space Spider

Arbeiten mit Space Spider bedeutet auch, dass für die Erfassung von Orakelknochen keinerlei Sprays oder Zielmarken erforderlich sind. Die Unversehrtheit der Artefakte ist somit keinem Risiko ausgesetzt. Der gesamte Scanvorgang dauert nur wenige Minuten, und die hochwertigen Daten von Space Spider sowie die effizienten Algorithmen von Artec Studio sorgen für eine relativ geringe Dateigröße, was die Verarbeitungszeit weiter reduziert. Auf diese Weise lassen sich hochauflösende farbige 3D-Modelle schnell und einfach erstellen.

Unzählige Möglichkeiten

Zum Einsatz von 3D-Scans in der Denkmalpflege erklärt der Kunde: „Die Verwendung von 3D-Scantechnologie kann als eine von wenigen Methoden die steigende Nachfrage nach der Digitalisierung von Kulturdenkmälern befriedigen. Sie hat sich als zuverlässiges Instrument für die Archivierung und Restaurierung von wertvollem Kulturerbe erwiesen und neue Ideen und Ansätze hervorgebracht.“

Jiao Chunliang von ASAHI-3D fügt hinzu: „Das Scannen von Orakelknochen ist eine neue Art der Geschichtsaufzeichnung und für die Erhaltung des Kulturguts und die digitale Archivierung von großer Bedeutung. Sind erst einmal alle Daten erfasst, ist es wesentlich leichter, 3D-Modelle der Orakelknochen in einer VR- oder AR-Umgebung zu präsentieren und das historische Erbe an weiteren Universitäten zu verbreiten.“

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